Oktober
17
[Abgebrochen] Babas Vermächtnis – Michael Hetzner [Gastrezension]
Cora

Klappentext:
Gucci oder Prada, Porsche oder Mercedes? So viele Entscheidungen am frühen Morgen … Als Nichte des russischen Präsidenten ist Swetlana privilegiert. Geld regiert die Welt und so hat sie früh gelernt, mit entsprechenden Scheinchen Ärgernisse aus der Welt zu schaffen. Doch so oberflächlich ihre Welt voll Glitter und Glamour erscheinen mag – Swetlana ist talentiert, intelligent und sucht nach ihrem Platz im Leben. Das Sternbild des Einhorns werde ihr den Weg weisen, meinte Baba einst, und sie möchte gern den letzten Wunsch ihrer verstorbenen Großmutter erfüllen. Doch das ist leichter gesagt als getan. Auf ihrer Reise nach St. Petersburg erweist sich der Mann ihrer Träume als Reinfall, dann überschlagen sich plötzlich die Ereignisse und sie muss vor einer Verbrecherbande fliehen.


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Titel: Babas Vermächtnis
Autor: Michael Hetzner
Verlag: Wenz Verlag
Länge: 224 Seiten
ISBN: 978-3937791630
Meine Bewertung: 1 Stern – gefällt mir gar nicht

Es kommt ja immer darauf an, wie man etwas schreibt / sagt und was der andere versteht. Wie das Buch gelesen wird und wie es gelesen werden will.

Mir kommt das Buch vor, als hätten es zwei verschiedene Menschen geschrieben. Nehmen wir z.B. diese Zitate:

„Diese Stunde gehört ihr und Baba. Obwohl der Samowar nicht durch ein Holzfeuer zum Kochen gebracht wird, riecht es für Swetlana nach Holz, Tannenzapfen und frischem Brunnenwasser. Sie nimmt das Kännchen, das auf dem Kessel steht, und gießt Teekonzentrat in zwei Gläser. Dann füllt sie sie mit Wasser auf und gibt je einen Löffel Marmelade dazu. Swetlana nimmt einen Schluck von dem süßen Schwarztee und schließt die Augen.“

Dann kommen plötzlich solche Schreibstile:

„Der Aufzug ist defekt, und gerade scheißt ein Hund neben die halb geöffnete Fahrstuhltür. An der Decke leuchten grelle Neonröhren, damit ja niemand all den Dreck und die Hundescheiße übersieht. Wie sehr Swetlana ein gepflegtes Umfeld liebt! Während sie nach oben steigt, atmet sie ganz flach, denn es stinkt nach Pisse, Bratfett und Durchfall.“

Stilistisch, um die unterschiedlichen Epochen aufzuzeigen okay, aber es stört den Lesefluss und bringt den Kopf durcheinander.

Auch, wenn in der Lektüre viele Passagen ironisch gemeint sind, so kommen einige Stellen eher gehässig, gemein und oberflächlich rüber und dies ist stellenweise over the top.
Nehmen wir Dein erstes Zitat als Beispiel:

„Er ist unter dem Tisch hervorgekrochen und versucht, auf die Beine zu kommen. Aber er schafft es nur auf die Knie, dann kippt er wieder nach unten und liegt da, die Hände weit von sich gestreckt. Wie ein Gekreuzigter. Swetlana murmelt „svinja“, Schwein, und steigt über ihn hinweg. Dabei passiert ihr ein Missgeschick. (Sie kann ja so ungeschickt sein, wenn sie will.) Einer ihrer Absätze bohrt sich in die Haut zwischen Walters Daumen und Zeigefinger. Walter brüllt auf, als würde ihn jemand abstechen.

Der fett markierte Teil hätte hier nicht noch hinein gemusst. Das hat nichts mit Ironie zu tun, sondern ist grob und berechnend.

Dann wundere ich mich über die Person Swetlana. Am Anfang kommt sie mir eher bodenständig vor. Zumindest so bodenständig, wie man es in einer reichen Familie sein kann. Dann werden aber Ewigkeiten die Designer-Labels in ihrem Schrank aufgezählt, um im gleichen Atemzug zu erwähnen, dass sie ja nicht so werden will wie ihre Mutter.
Generell ist die Kleiderauswahl zu detailliert beschrieben (außer an einer Stelle – siehe im nächsten Absatz). Braucht man nicht wirklich.
Auch als sie sich das erste Mal zum Lernen bei sich zu Hause trifft, dafür, dass sie nur einen Bademantel auswählt, wird zu viel Gewese um den Kleiderschrank gemacht. Im weiteren Verlauf macht sie plötzlich eine „Amok“-Fahrt zur Diskothek und kauft Drogen. An dieser Stelle musste ich mich ernsthaft fragen „im Bademantel?“ – denn seit dem Morgen wurde ihr Kleiderstil nicht mehr erwähnt.

Der Drogentrip, welcher zwischenzeitlich erlebt wird, ist beängstigend echt beschrieben.

Alles in allem muss ich aber sagen, ich habe ab dem Punkt (Drogentrip) aufgehört, weil mir das Buch zu anstrengend war. Ich hatte mir mehr von dem Buch aus der Kurzbeschreibung erhofft. An der Stange hat mich nur „das Versprechen“ an die Baba gebunden. SPOILER ANFANG Nachdem ich dann aber enttäuscht lesen musste, es ist eine Familie zu gründen, mit einem intelligenten Mann, war das Buch für mich endgültig durch.
Und jetzt mal von einer Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht. Der Traum von Frauen ist nicht (und sollte auch niemals sein!) eine Familie zu gründen und Mutter zu sein! BITTE! Nach so vielen Jahrzehnten, in denen Frauen in Deutschland arbeiten gehen dürfen, ohne den Mann um Erlaubnis zu fragen, sollte dies (auch nicht in einem Buch) das erfüllendste Ziel für ein Mädchen mit 18 Jahren sein! SPOILER ENDE Jeder hat andere Ziele im Leben und eines davon sollte es sein, dass eigene Leben so gestalten zu können, dass man selbst glücklich und zufrieden ist. Wenn das bei Svetlana eintritt super, aber sie sollte sich nicht einem Leben hingeben, welches sie nicht präferiert.

Auch diese permanenten Klischees, wie es in armen Vierteln aussieht oder die surreale Idee, dass eine Frau einen Mann „erziehen“ kann! Nein, das funktioniert auch bei Männern nicht und es ist auch sehr unfreundlich, jemanden nach seinen Wünschen zu formen! Ich weiß, die russische Mentalität ist dahingehend etwas anders.

Schön beschrieben fand ich die Stellen, wo es um Orte in Russland ging oder Gemälde. Ich gebe zu, ich habe das ein oder andere auch mal über Google gesucht, weil ich mehr darüber erfahren wollte.
Auch die Beschreibung des ersten Mannes von Baba und das harte Schicksal, welches ihn und Baba nach seinem Tod traf, haben mich berührt.
Wie gesagt, dem gegenübergestellt, passen leider nicht die Dinge über das „Harz“-Viertel in Hamburg, die Stellen mit dem Liebhaber oder die Oberflächen „Kleiderauswahl“.

Ich bedanke mich bei Michael Hetzner für das Rezensionsexemplar.